Als im Februar 2022 der Ukraine-Krieg begann und kurze Zeit später deutlich wurde, dass russisches Erdöl sanktioniert würde und russisches Erdgas nicht mehr geliefert wird, richtete sich plötzlich der Blick der energiehungrigen europäischen Industrienationen über den Atlantik nach Amerika. Ethisch sauberes Gas wurde den Deutschen und Europäern versprochen statt kriegfinanzierendem russischen Gas und Öl.

Als ich das hörte, durchfuhr es mich heiß und kalt, denn ich wußte, was das auf dem amerikanischen Kontinent zur Folge hätte: Ich hatte genug gesehen und gehört von dem Leiden indigener Gemeinschaften,  nordamerikanischer First Nations und indigener Völker in Mittel- und Südamerika, deren Rechte auf Unversehrtheit ihres Landes, ihres Wassers, ihrer Gesundheit und ihrer Kultur und heiligen Stätten  in ihren Territorien mißachtet werden und deren Proteste mit massivster polizeilicher Gewalt oft jenseits jeder Rechtsgrundlage beantwortet werden – für Öl und Gas. Ob es Öl aus Equador oder gefracktes Gas aus USA oder Kanada betrifft, bisher leiden v.a. indigene Völker unter den massiven Eingriffen in ihre Lebensräume genauso wie in ihre Gesellschaften und ihre Kultur.

Gleichzeitig gelten Mitglieder indigener Völker als die Hüterinnen und Hüter der größten Biodiversität, die es auf Mutter Erde noch zu finden gibt.

Wann werden „westliche“ Gesellschaften beginnen, zu verstehen, dass ihr auf fremden Rohstoffen und fremder Energie basierendes Wirtschaftssystem weder sauber noch nachhaltig werden kann? Es gibt kein sauberes Gas oder Öl. Es gibt natürlich auch keine schnelle und einfache Antwort auf die Frage, wie eine andere Zukunft aussehen kann. Aber ein erster Schritt wäre und ist, anzuerkennen, dass die heutige Nutzung von Öl und Gas immer auch die Fortführung globaler kolonialer Strukturen bedeutet und damit die weitere massive Missachtung der Rechte indigener Völker und die Zerstörung ihrer und unserer aller Lebensgrundlagen.

Der Kreis des Lebens ist unteilbar.